Was machen die TV-Programmgestalter eigentlich hauptberuflich?

Was machen die TV-Programmgestalter eigentlich hauptberuflich?
WIederholungen am laufenden Band - einfallsloses TV-Programm über die Festttage - Foto: pixabay.de

Ein Kommentar von Michael H. Schmitt

Über Geschmack lässt sich bekannter Maßen streiten. Über das angebotene Weihnachts-TV-Angebot, das sich die Programmgestalter der Fernsehanstalten für ihre zahlende Klientel wieder einmal ausgedacht haben, erst Recht. Obwohl: Von Ausdenken und Zusammenstellen eines interessanten Angebots sind die Damen und Herren Programmgestalter/innen so weit entfernt, dass sich mir erneut die Frage aufdrängt: Was machen die eigentlich hauptberuflich?

Um es gleich mal vorweg zu nehmen: Wer sich nach gefühlten 30 Wiederholungen den Film “Kevin allein zu Haus” oder alternativ “Kevin allein in New York” (gehört zu den Sat1-Weihnachtskrachern) noch einmal ansehen möchte, muss schon zu den recht gleichgültigen oder hartnäckigen TV-Konsumenten zählen – könnte man meinen. Tatsächlich gehören die Filme mit Hauptdarsteller Macaulay Culkin als Nervensäge Kevin McCallister zu den Beiträgen, die viele Menschen an den Festtagen sehen möchten (kaum zu glauben). Nach einer Recherche der Augsburger Allgemeinen Zeitung ist es sogar so, dass der Sender im Jahr 2013 die Filme zu den Weihnachtsfeiertagen nicht sendete. Die Folge war eine Flut von Beschwerdebriefen, die in den Redaktionen des Senders eintrudelten. Und so zeigt der Sender den Film nun gleich auf zwei aufeinander folgenden Tagen.

Wer sich und seiner Familie das dennoch nicht antun möchte, dem bleiben ja laut Programmankündigung die Alternativen, entweder zum nächsten Programm umzuschalten und beispielsweise den “Grinch” wieder einmal als Blog-Buster anzuschauen oder parallel zwischen Hollywood-Knaller “Pretty Woman” und der Unterhaltungs-Show “Dalli Dalli” hin und her zu zappen. Oder wäre “Sissi” mit Romy Schneider aus dem Jahr 1955 vielleicht die bessere Wahl? Schwierige Entscheidungen stehen also unmittelbar bevor.

Damit es dann am Weihnachtsabend keinen Familienstreit gibt (ich glaube ja immer noch, dass ich der Herr der Fernbedienung bin und meine Familie lässt mich auch in dem Glauben), wollte ich das Thema dann heute am Frühstückstisch klären. Dabei muss ich mir dann wohl mit meinem (nicht wirklich ernst gemeinten) Vorschlag einen krassen Fehlgriff geleistet haben, denn seitdem sitzt mein Sohn kommentarlos und kopfschüttelnd in seinem Zimmer an der Spielekonsole und meine Frau ist seit mehreren Stunden zum Shoppen unterwegs. Ich weiß gar nicht, was ich mit dem Vorschlag, “Lachen mit Peter Alexander” (läuft am Samstag um 20:15 Uhr im SWR), so falsch gemacht haben kann.

Nein, mal ganz ehrlich: Ich glaube ja eher daran, dass wir schon lange Teil eines groß angelegten, von den TV-Sendern finanzierten, wissenschaftlichen Experiments sind. Die Programmdirektoren, die Jahr für Jahr mit einer unglaublichen Hartnäckigkeit ein cineastisches Wiederholungs-Highlight nach dem anderen aus dem Hut zaubern, leiten in Wirklichkeit eine Langzeitstudie, in der die Leidensfähigkeit der zahlenden TV-Konsumenten getestet werden soll. Zu einem anderen Schluss kann ich bei diesem Angebot nicht mehr kommen. Insofern gehöre ich nun wohl auch zu den “Verschwörungstheoretikern”.

Was ich damit zum Ausdruck bringen möchte ist, dass ich wirklich ernsthaft entsetzt darüber bin, dass es sowohl bei den öffentlich rechtlichen Sendern, aber auch in den Zentralen der sonstigen Pay-TV-Kanäle offensichtlich niemanden mehr gibt, der sich Gedanken über das normale Maß hinaus macht. Gedanken darüber, dass das Angebot auf der Mattscheibe an den Weihnachtsfeiertagen des Jahres 2021 für Millionen Bürgerinnen und Bürgern eine der wenigen Abwechslungen sein wird, die ihnen in dieser Pandemie noch bleibt. Eine Wiederholung nach der anderen auszustrahlen ist einfallslos und von Abwechslung mag ich da nicht wirklich sprechen. Immer wieder dieselben Filmchen anzubieten halte ich für geradezu unverschämt. Erst Recht in Zeiten wie diesen.

Und dann wundern sich die Damen und Herren in den Chefetagen der Fernseh-Anstalten (ich glaube nun zu wissen, warum man die milliardenschweren Unternehmen Anstalten nennt) tatsächlich darüber, dass die Bürgerinnen und Bürger bei einer noch so kleinen Erhöhung der Zwangsabgabe, die jeder Haushalt regelmäßig leisten muss, auf die Barrikaden gehen? Liebe FernsehmacherInnen – denken Sie einfach mal darüber nach, ob es nicht doch an der Zeit wäre, sich mal etwas Neues einfallen zu lassen – auch auf die Gefahr hin, dass es dann wieder einige Beschwerdebriefe geben wird. Vielleicht klappt’s ja zum nächsten Weihnachtsfest. In diesem Sinne – Schönes Fest(programm).