Orchideen aus Burlo – Anthura Arndt GmbH will Produktionsfläche erweitern

Orchideen aus Burlo – Anthura Arndt GmbH will Produktionsfläche erweitern
Das Unternehmen will seine Produktions- und Vertriebsstätte ausbauen - Foto: © BD-Archiv/mhs

Rund 180 Mitarbeiter beschäftigt das Unternehmen in seinen Gewächshäusern und Büros – Nun will der Betrieb weiter wachsen

BURLO | bd | Kaum etwas im westlichen Münsterland ist so beständig und zuverlässig wie die „Gerüchteküche“, die – wenn sie erst einmal richtig brodelt – in mancherlei Hinsicht recht seltsame Blüten treibt. In Burlo drehen sich solche Gerüchte und Spekulationen neuerdings tatsächlich um Blüten, genauer gesagt, um Orchideen. Gemeint sind die seit Ende vergangenen Jahres kursierenden Spekulationen um Erweiterungspläne der Anthura Arndt GmbH. Das Unternehmen mit Hauptsitz im niederländischen Bleiswijk verfügt neben dem Standort nahe des Burlo-Vardingholter Venn in Burlo über drei weitere Standorte (China, Mazedonien und Niederlande) und ist auf dem nach wie vor boomenden Weltmarkt für Orchideen erfolgreich aktiv. Am westlichen Burloer Ortsrand entstand auf dem Gelände der so genannten ehemaligen „Gärtnersiedlung“ zwischen Klosterdiek und Rheder Straße seit Mitte der 1990er Jahre ein Gewächshauskomplex, der mittlerweile eine Fläche von rund 11 Hektar einnimmt.

Wir haben uns auf Detailsuche begeben und in Erfahrung gebracht, was es mit den Spekulationen auf sich hat und haben dazu Betriebsleiter Fred Kruisselbrink (General Manager Anthura Arndt GmbH), die Pressestelle der Borkener Stadtverwaltung sowie den NABU Kreisverband, aber auch die unmittelbar betroffenen Anwohner zu Wort kommen lassen. Die Recherchen und Gespräche zum Thema führte BD-Redakteur Michael H. Schmitt.

Jährlich rund 50 Millionen Pflanzen werden in Burlo kultiviert – Der Vertrieb erfolgt weltweit

Dass gewerbliche Projekte dieser Größenordnung außerhalb der ausgewiesenen Gewerbe- und Industriegebiete auf der „grünen Wiese“ geplant und beantragt werden, kommt wohl auch bei der städtischen Baubehörde eher selten vor und führt vor allem bei den Bürgerinnen und Bürgern nicht selten zum Unverständnis. Dass der Standort inmitten eines eher land- und forstwirtschaftlich genutzten Gebietes in direkter Nachbarschaft zum Naturschutzgebiet Burlo-Vardingholter Venn liegt, ruft im Rahmen des Genehmigungsverfahrens gleich mehrere Behörden, aber auch Akteure diverser Interessenverbände unterschiedlichster Disziplinen auf den Plan. Vorweggenommen sei an dieser Stelle bereits, dass ein Gärtnerei-/Gewächshausbetrieb zur Pflanzenzucht baurechtlich einem landwirtschaftlichen Betrieb gleichzusetzen ist (Quelle: Stadt Borken). So ist im Zuge des Genehmigungsverfahrens auch die Landwirtschaftskammer zu beteiligen, die in ihrer Stellungnahme zu folgender Beurteilung (Auszug) kommt:

Die beantragten Maßnahmen sind wirtschaftlich sinnvoll und dienen dem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung im Sinne des § 35 (1) Nr. 2 BauGB. Die beantragten Gewächshäuser werden die vorhandenen Betriebseinrichtungen angemessen erweitern und die Konkurrenzfähigkeit und Wirtschaftlichkeit sichern.“

Quelle: Landwirtschaftskammer / Pressestelle der Stadt Borken

Die endgültige behördliche Genehmigung zur geplanten Erweiterung der Burloer Pflanzenproduktions- und Vertriebsstätte liegt dem Antragsteller und Bauherren aktuell noch nicht vor und wird einmal mehr im Bau- und Planungsausschuss der Stadt Borken am 26.01.2021 thematisiert. Dies bestätigte auf Anfrage auch die städtische Verwaltung (liegt der Redaktion vor). Fakt ist, dass die Anthura Arndt GmbH mit Antragstellung ein Genehmigungsverfahren für die Erweiterung der vorhandenen Betriebsstätte um weitere 2,3 Hektar (aufgeteilt in zwei Bauabschnitten) zu einer Zeit eingeleitet hat, in der die Schlagzeilen von den Folgen des Klimawandels dominiert werden. Ein Grund mehr, genauer hinzuschauen.

Luftbildaufnahmen (1960 bis heute) Überflüge über das Gebiet der ehemaligen Gärtnersiedlung © Geodatenatlas Kreis Borken

Die im geplanten Baugebiet verlaufende Straße Mittbrake als Verbindungsweg zwischen der nördlich des Betriebsgeländes verlaufenden Straße Klosterdiek (Verbindung zwischen Burlo und Rhede-Vardingholt) und der im Süden gelegenen Rheder Straße soll mit der beantragten Erweiterung vereinnahmt und somit auf Dauer für den Durchgangsverkehr gesperrt werden.

Dazu die Pressestelle der Stadt Borken:
„Für die Umsetzung der Planung wäre die Einziehung des Wirtschaftsweges Mittbrake erforderlich. Hierzu ist ein gesondertes Wegeeinziehungsverfahren erforderlich. Nach Auskunft des Bauherren wird zur Zeit geprüft, ob direkte Anlieger der Straße Mittbrake die erforderliche Feuerwehrumfahrung um die Anlage als fuß- und fahrradläufige Verbindung zwischen der Rheder Straße und dem Burloer Diek nutzen können.  Gleichzeitig wird geprüft, ob die Straße  „An der Delle“ auf Rheder Stadtgebiet wieder als Wirtschaftsweg geöffnet werden kann, um diesen durchgängig zu befahren.

Quelle: Mitteilung der Pressestelle Stadt Borken

Anm. der Redaktion: Entgegen dieser ersten Mitteilung der städtischen Pressestelle ist laut Vorlage für den Bau- und Plaungsausschuss (26. Januar 2022) vorgesehen, den Verkehr, der bisher über die Straße Mittbrake rollt, zukünftig über die Straße Burdarper Heide abzuwickeln (Vorlage liegt der Redaktion vor), sofern dem Wegeeinziehungsverfahren zugestimmt wird und die erforderlichen Grundstückszukäufe realisierbar sind.

Diese Einmündung soll es für den Fall der Erteilung der Baugenehmigung zukünftig nicht mehr geben – Die Mittbrake würde somit dauerhaft für den Durchgangsverkehr gesperrt – Foto: mhs

Kruisselbrink: „Stillstand bedeutet nach unserer Unternehmensphilosophie Rückschritt. Soll heißen: Um auch zukünftig den weltweiten Orchideen-Bedarf in ausreichendem Maße bedienen, am Weltmarkt konkurrenzfähig zu bleiben und gleichzeitig am Burloer Standort die rund 180 Arbeitsplätze auch langfristig sichern zu können, müssen wir die vorhandene Betriebsfläche um eine erweiterte Produktions- und Vertriebsstätte in nordöstliche Richtung ausweiten. Tatsächlich ist die damit einhergehende Überbauung der Straße Mittbrake ein elementar wichtiger und notwendiger Schritt, um vorhandene Produktionslinien ohne nennenswerte Unterbrechungen in die neue Anlage zu integrieren.“

NABU Kreisverband:
„Nun sollen also neben den bereits mit Gewächshäusern überbauten 11 ha weitere 2,3 ha versiegelt und überbaut werden. Zudem soll eine ganze Straße eingezogen werden. Eine Genehmigung dieser Maßnahmen (aktuell liegt diese noch nicht vor – Anm. der Redaktion) muss erstaunen angesichts der Tatsachen, dass ein Einzug ganzer Straßen selbst in extra ausgewiesenen Industriegebieten normalerweise kaum möglich ist und zudem Flächen für Gewerbe- und Baugebiete im Stadt- und Kreisgebiet Borken allerorts fehlen.“

Und wie bewerten die direkt betroffenen Anwohner der Mittbrake die Absichten des Unternehmens?
„Wir haben nichts gegen die Sperrung der Mittbrake. Im Gegenteil, denn dazu muss man wissen, dass die eigentlich kleine Verbindungsstraße vor allem im Berufsverkehr von Pendlern, die von Burlo nach Rhede oder Bocholt unterwegs sind, als Durchgangsstraße benutzt wird. So umfahren viele Verkehrsteilnehmer – oft mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit – die im Klosterdiek in Höhe der Grundschule eingerichtete 30 km/h-Zone und meinen, ein paar Minuten einsparen zu können.

Darüber hinaus ist Betriebsleiter Fred Kruisselbrink bereits vor einigen Wochen auf uns zugekommen und hat uns über die Erweiterungspläne in Kenntnis gesetzt. Uns liegt von ihm auch eine Zusage vor, dass für uns als Anlieger ein Weg angelegt werden soll, über den wir auch nach Abschluss der Baumaßnahme den Klosterdiek erreichen können. Insofern finden wir die Maßnahme vom Grundsatz her gut.“

Ein Anwohner scheint eine andere Einstellung zu den geplanten Maßnahmen zu haben, wollte sich aber nicht an dem Gespräch mit der Redaktion beteiligen. Die Namen der Gesprächsteilnehmer liegen der Redaktion vor.

Quelle: Auszug aus einem Gespräch, das mit drei der vier an der Mittbrake angesiedelten Familien am 12.01.2022 geführt wurde. Anm. der Redaktion: Während dieses Gespräches wurde deutlich, dass alle Anlieger mit der Firmenleitung Anthura Arndt seit vielen Jahren ein sehr kooperatives Verhältnis pflegen. In den Vordergrund stellten sie dabei vor allem das soziale Engagement des Unternehmens.
Vorbereitende Aushubarbeiten verrichtete das Unternehmen bereits im vergangenen Jahr. Seitdem ruhen die Arbeiten – Foto: mhs

Tatsächlich ist die von der Anthura Arndt GmbH derzeit bewirtschaftete und zum größten Teil von Gewächshäusern überbaute und somit versiegelte Fläche aus ökologischer Betrachtungsweise nicht zu vernachlässigen. Die Ost-West-Ausdehnung der Anlage beträgt laut Liegenschaftskataster aktuell rund 250 Meter, die Nord-Süd-Achse der Gewächshäuser hat eine Länge von etwa 480 Metern. Hinzu kommen Regenauffangbecken, deren Aufnahmekapazität einerseits zwar nach Angaben des Unternehmens den gesamten Wasser-Jahresbedarf für die Pflanzenproduktion decken, andererseits aber ehemals zur Verfügung stehende Grünflächen ebenfalls versiegeln.

Zum Vergleich: Die in Anspruch genommene Betriebsfläche der Anthura Arndt GmbH ist mit rund 11 Hektar (plus 2,3 Hektar geplant) nur unwesentlich kleiner als die gesamte Burloer Gewerbegebietsfläche nördlich der Dunkerstraße, die von der Stadt Borken mit einer Netto-Fläche von 15,56 ha ausgewiesen wird.

Unternehmer betont: „Benötigter Energiebedarf wird fortwährend optimiert“

Der benötigte Energiebedarf zur Pflanzenproduktion und zur Aufrechterhaltung des störungsfreien Betriebs der modernen Gewächshausanlagen werden, so Kruisselbrink, fortwährend auf den Prüfstand gestellt und optimiert.

„Die Gewächshäuser werden Tag und Nacht, 365 Tage im Jahr auf der für die Pflanzenzucht erforderlichen Innentemperatur von 28 Grad Celsius gehalten. Darüber hinaus benötigen die Pflanzen zum optimalen Wachstum Licht, für das ebenfalls ausreichend Energie vorgehalten werden muss. Insofern kommen wir auf den Energiebedarf, der etwa dem Bedarf der Stadt Borken entspricht“, beschreibt Kruisselbrink den Energiehunger des von ihm seit über 25 Jahren erfolgreich geführten Betriebs.

Diese Angabe korrigierte der Betriebsleiter wenige Tage später und gab an, der jährliche Bedarf liege bei etwa 8,7% des Bedarfs der Stadt Borken.

Hinweis der Redaktion: Zahlen zum tatsächlichen Energiebedarf des Unternehmens liegen der Redaktion nicht vor. Die Stadtwerke Borken liefern an die Gemeinden Borken, Raesfeld, Reken, Heiden und Velen jährlich rund 920 Millionen kw/h Gas. „Die vom Unternehmen angegebenen 8,7% beziehen sich augenscheinlich nicht auf den Stadtbereich Borken, sondern auf diese genannte Liefermenge. Insofern ist davon auszugehen, dass der Jahresenergiebedarf (Gas) für die Orchideenzucht bei rund 80 Mio. Kilowattstunden liegen dürfte“, erklärt Stadtkämmerer Norbert Nießing im Gespräch mit BD..

Vor dem Hintergrund der Klimakrise und damit einhergehenden, internationalen Bestrebungen, den CO2-Ausstoß drastisch zu verringern, schließt sich zwangsläufig die Frage an, ob die Orchideen-Kultivierung an einem Standort mit günstigeren, klimatischen Voraussetzungen nicht effizienter sowohl aus wirtschaftlicher als auch aus ökologischer Sicht wäre. Diese Frage formuliert der NABU Kreisverband so:

„Wenn man berücksichtigt, dass in Deutschland Milliarden € in die Energiewende und Energieeffizienzmaßnahmen fließen, um den berechtigten Anliegen der Fridays for Future Generation endlich entgegenzukommen, dann aber 13 ha nicht isolierte Gewächshäuser das ganze Jahr über mit 26 °C betrieben werden und dabei den Energie- und Wasserverbrauch einer ganzen Kleinstadt haben, muss es doch erlaubt sein zu fragen, ob diese Art des Wirtschaftens noch zeitgemäß ist.“

Kruisselbrink: „Diese Frage hat das Unternehmen sich natürlich auch gestellt und damit beantwortet, dass an Standorten wie zum Beispiel in Südspanien oder in Brasilien, wo ebenfalls Orchideen in großen Stückzahlen produziert werden und die Durchschnittstemperaturen günstiger erscheinen als hier, anstatt in die anfallenden Heizkosten in Kühlanlagen investiert werden müsste, um die erforderlich konstante Temperatur zu halten. Der Energiebedarf für Kühlanlagen liegt jedoch deutlich höher als der Bedarf zum Betrieb der Heizung in unseren heimischen Gefilden. Insofern ist das für unser Unternehmen also keine Alternative.“

Blick in die Gasse zwischen zwei Gewächshäusern zeigt die unisolierte Glasfassade – Foto: mhs

Wird das Unternehmen den Forderungen nach geringerem CO2-Ausstoß denn mit dem beantragten Neubau gerecht und wird der ökologische Fußabdruck, den die Firma Anthura Arndt durch die Produktion hinterlässt, zukünftig also kleiner ausfallen als bisher?

Kruisselbrink: „Der Energiebedarf in den neu geplanten Gewächshausanlagen wird deutlich geringer werden als bisher. Dazu muss man wissen, dass wir auch für die bestehenden Anlagen beim Bau bereits eine entsprechende Isolation der Gewächshäuser beantragt hatten. Dies wurde seinerzeit von den Behörden vor dem Hintergrund abgelehnt, dass sich damit der Charakter eines Gewächshausbetriebes verändern und somit andere, baurechtliche Bestimmungen greifen würden. Somit mussten wir darauf verzichten. Zwischenzeitlich hat es da aber auch bei den Behörden ein Umdenken gegeben. Mein aktueller Kenntnisstand ist der, dass wir nun die Außenhaut der geplanten Gewächshausanlagen isolieren können, was den Energiebedarf deutlich senken wird.

In diesem Zusammenhang sei auch gleich erwähnt, dass die neuen Anlagen eine komplexe und technisch aufwendige Beschattung erhalten werden, die – wie bereits bei den bestehenden Gewächshäusern – kaum noch Licht nach außen dringen lässt. Für die Beleuchtung rüsten wir kurz- bis mittelfristig auf effizientere LED-Beleuchtungsmittel um, mit denen der Strombedarf halbiert wird. Ein weiterer Schritt, den Energiebedarf deutlich zu senken und ein wichtiger Schritt, um bis zum Jahr 2030 CO2-neutral produzieren zu können.“

Orchideen (Phalaenopsis) – In Europa werden große Mengen von Orchideenhybriden für den Massenmarkt produziert. Waren es im Jahr 2000 etwa 12 Millionen Pflanzen, so hat sich der weltweite Bedarf in den vergangenen 20 Jahren vervielfacht.

Alternative Energiequellen als Option?

Wie sieht sich das Unternehmen bei der Frage nach dem Einsatz alternativer Energiequellen aufgestellt? Gibt es Bestrebungen, auf Wind-, Wasserstoff oder Solarenergie umzurüsten?

„Solarenergie ist ganz sicher eine Option. Allerdings gibt es dabei die Einschränkung, dass die per Photovoltaik gewonnene Energie nicht sofort zur Verfügung steht. In diesem Zusammenhang wäre eine Kombination aus Solarenergie und dem Einsatz von Wasserstoff zur Deckung unseres Bedarfs diskutabel, wobei die Wasserstofftechnologie als Energiequelle in der Entwicklung gegenüber den anderen Energiequellen ein ganzes Stück hinterher hinkt. Was die Energieerzeugung mittels Windkraftanlagen betrifft, ist das nach derzeitigem Stand aufgrund der damit verbundenen, gesetzlichen Auflagen und Hürden, für uns eher keine Option, über die wir aktuell nachdenken. Aber auch da wird sich aller Voraussicht nach schon recht bald die Gesetzeslage ändern. Insofern bleibt auch die Windkraft als Energiequelle ein spannendes Thema, auch für uns.“

Renaturierung – Schaffen von Ausgleichsflächen

Bekanntermaßen wurden beim Bau der bestehenden Gewächshausanlage umfangreiche Renaturierungsmaßnahmen getroffen. Ein Bachlauf musste verlegt werden und es waren Ausgleichsflächen zu schaffen. Allerdings wurden diese nicht in der unmittelbaren Umgebung, sondern im Kreis Warendorf angelegt. Wie sehen die Bestrebungen und Auflagen bei Errichtung der neuen Gebäude aus?

Kruisselbrink: „Tatsächlich haben wir beim Bau der bestehenden Anlagen umfangreiche Maßnahmen zur Renaturierung durchgeführt. Mehr noch. Weit über die behördlichen Auflagen hinaus wurde der Bachlauf mäandert und die Tiefe des Grabens mehr als gefordert ausgehoben. Als gelernter Garten- und Landschaftsbauer, dem der Erhalt der Natur am Herzen liegt, setze ich mich weit über das gesetzlich erforderliche Maß ein, um die Beeinträchtigung der ökologischen Vielfalt auf das Minimum zu begrenzen. Dass die Ausgleichsfläche im Kreis Warendorf und nicht in unmittelbarer Nähe unseres Unternehmens geschaffen wurde, liegt schlicht an der mangelnden Verfügbarkeit im Umfeld unseres Betriebes. Fakt ist, dass wir für das neue Projekt ebenfalls umfangreiche Maßnahmen im Hinblick auf die ökologische Vertretbarkeit ergreifen werden.“

Pressestelle Stadt Borken:Als Ausgleichsmaßnahme wird eine rd. 9000 m² große Fläche am Rheder Bach unterhalb der Gärtnerei ökologisch aufgewertet. Hier soll sich der Rheder Bach eigendynamisch in der abgesenkten Aue entwickeln können. Es entstehen wechselfeuchte Bereiche und ein Retentionsraum zur Pufferung von Starkregenereignissen. Gleichzeitig wird der Gartenbaubetrieb mit standortheimischen Gehölzsäumen umgeben. Die abschließende Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde liegt noch nicht vor.“

Und das meint der NABU dazu: „Es ist völlig unverständlich, dass Ausgleichsmaßnahmen nicht im un- oder mittelbaren Bereich ausgeführt werden müssen, sondern z. B. im Kreis Warendorf (5 ha). Damit wird nicht nur der ökologische Wert, sondern auch der Erholungsfaktor im Stadtgebiet Borken erheblich geschmälert und aus unserer Sicht verliert die Landschaft und Natur erheblich an Wert und Schönheit. Die auch im Kreis Borken einst heimische münsterländische Parklandschaft verschwindet immer weiter. Der größte in den vergangenen Jahren erfolgte Eingriff in die Natur ist, dass im heute bereits überbauten Bereich ein absolut naturnaher Bachverlauf einfach verlegt worden ist, und in einen anderen ökologisch weniger wertvollen Bach umgeleitet wurde.“

Von den im Beitrag genannten 180 Mitarbeitern des Unternehmens kommen nach Angaben des Betriebsleiters etwa 11 Personen aus der Gemeinde Burlo. Alle anderen haben ihren Wohnsitz im gesamten Umfeld.

Alle Angaben/Zitate – sowohl die der Pressestelle der Stadt Borken als auch die des NABU-Kreisverbands – wurden wie mitgeteilt übernommen und liegen der Redaktion schriftlich vor.

Ergänzungen des Autors:

Was die Arbeit der Genehmigungsbehörden betrifft, dürfte sich manch ein Entscheider zu einer Zeit, in der auf allen politischen Ebenen die Themen Klimaschutz und Energiewende auf der Tagesordnung stehen, ideologisch vor einen Balanceakt gestellt sehen. „Dennoch hat die Stadt Borken als Verwaltungsbehörde ausschließlich auf Basis aktuell geltenden Rechts unter Beteiligung aller Fachbehörden über eingehende Bauanträge zu entscheiden“, beschreibt der 1. Beigeordnete der Stadt Borken, Norbert Nießing, das Verfahren im Rahmen einer Videokonferenz mit der BD-Redaktion am 17. Januar 2022. Fragen nach der Wirtschaftlichkeit oder nach dem erforderlichen Energiebedarf eines Unternehmens bleiben an dieser Stelle zunächst außen vor und spielen bei der Bewertung, ob eine Baugenehmigung zu erteilen ist oder nicht, keine Rolle. „Dennoch liegt es natürlich im Interesse der Kommunen und somit auch der Stadt Borken, die ökologischen Folgen und Entwicklungen im Auge zu behalten und – sofern möglich – Einfluss zu nehmen. Es gilt mehr als je zuvor, den CO2-Ausstoß im privaten und gewerblichen Bereich sowohl durch Verhaltensänderungen in der Bevölkerung als auch durch den Einsatz alternativer Energiequellen nachhaltig zu verringern und den Energiebedarf insgesamt zu senken. Da sind wir immer wieder und immer häufiger im Gespräch mit allen Beteiligten“, ergänzt Nießing.

Die Nachfrage regelt natürlich auch in der Welt der Floristik und Botanik das Angebot – und solange es weltweit diesen kaum vorstellbaren Bedarf an Orchideen auf dem „Massenmarkt“ gibt, wird dieser von den Produzenten in Asien, Südamerika oder eben auch von den Firmen in den Niederlanden oder in Burlo zweifelsohne befriedigt. Pflanzen, ehemals eher Luxusartikel, werden heute an den Ladentheken geradezu verramscht. Dennoch generieren die Unternehmen weltweit Milliardenumsätze mit der Produktion und dem Vertrieb ihrer Züchtungen.

An dieser Stelle wird einmal mehr deutlich, wie problembehaftet die aktuell geführten Diskussionen im Hinblick auf das Erreichen der gesteckten Klimaziele tatsächlich sind. Dem Energiehunger dieser Produktionsstätten wird in den kommenden Jahren auf jeden Fall mehr Aufmerksamkeit zuteilwerden müssen als bisher, will man die Klimaziele nicht mit Ansage deutlich verfehlen. Es muss zeitnah darum gehen, ausgewogene Maßnahmenpakete und Lösungen zu erarbeiten, die einerseits die wirtschaftlichen Interessen der Unternehmen berücksichtigen, die aber auch gleichzeitig dem Umweltschutz in ausreichendem Maße Rechnung tragen und somit den Interessen aller Bürgerinnen und Bürger, insbesondere denen der nachfolgenden Generationen, gerecht werden. Eine Mammutaufgabe – auch für die Parlamente in den Kommunen.