Straßenbaubeiträge – Ankündigung der Landesregierung sorgt für maximale Verwirrung

Straßenbaubeiträge – Ankündigung der Landesregierung sorgt für maximale Verwirrung
Burloer Mühlenweg soll bis Anfang 2023 ausgebaut und fertiggestellt werden - Foto: mhs

Pläne der Landesregierung entlasten Burloer Bürger nicht

BURLO / NRW | bd | Am 15. März 2022 schlug diese Nachricht der Landesregierung NRW bei vielen Grundstückseigentümern und Immobilienbesitzern ein wie eine Bombe. Das, was bereits seit einigen Jahren immer wieder für gerichtliche Auseinandersetzungen zwischen Häuslebauern, Eigentümern und Kommunen sorgte, solle nun ein für alle Mal der Vergangenheit angehören. So traten Vertreter von CDU und FDP vor die Medien und gaben bekannt, dass die umstrittenen Straßenbaubeiträge nun der Vergangenheit angehören sollen. Die hundertprozentige Übernahme dieser Beiträge solle rückwirkend auch für Grundstückseigentümer gelten, denen seit 2020 bereits die hälftige Förderung bewilligt worden sei, betonte CDU-Fraktionschef Löttgen. „Wir können die Anlieger rückwirkend und zukünftig zu 100 Prozent von den Straßenausbaubeiträgen entlasten.“ (Zitat des WDR).

Begehrlichkeiten bei Betroffenen geweckt

Kaum war die Nachricht über die Medien verbreitet, weckte die Ankündigung natürlich auch Begehrlichkeiten bei denen, die aktuell durch Straßenbauabgaben belastet werden sollen, so auch im Borkener Ortsteil Burlo. Die Stadt Borken hatte bereits im Dezember 2021 angekündigt, den Mühlenweg nach jahrzehntelangem Stillstand nun fertig zu stellen. Was die Anlieger einerseits freut (soll doch die arg ramponierte Gemeindestraße nun ansehnlich ausgebaut werden / inkl. umfangreicher Arbeiten an der Kanalisation), führt andererseits zu Verunsicherung. Können nach der Ankündigung der Landesregierung die Anlieger aufatmen und nun die teilweise fünfstelligen Eurobeträge einsparen?

Stadt Borken: „Burloer müssen Abgaben entrichten:“

Die Stadt Borken bewertet dies auf Anfrage der Burlo-Direkt Redaktion so: „Da es sich um eine Baumaßnahme nach dem Baugesetzbuch (§127 ff.) handelt und nicht um eine Maßnahme, bei der die Kommunale Abgabenordnung greift, sind die Pläne der Landesregierung hier nicht anwendbar“, so Pressesprecherin Julia Lahann. Rolf Schulze-Dinkelborg vom städtischen Fachbereich Tiefbau und Abwasserbeseitigung ergänzt: „Bei einer Ersterschließung wie die in Kürze startende Baumaßnahme Mühlenweg müssen wir als Grundlage das Baugesetzbuch bemühen. Insofern sorgt hier die Landesregierung allenfalls für maximale Verunsicherung und Verwirrung bei den Bürgern als für Aufklärung oder gar für eventuell erhoffte Einsparungen.“

Tatsächlich sind die Erhebung von Straßenbaubeiträgen (wie von der Landesregierung nun ins Spiel gebracht) und Ersterschließungsbeiträge (wie im Fall Mühlenweg Burlo) zwei völlig unterschiedlich zu bewertende Verfahren.

Im Klartext heißt das für die Anlieger des Mühlenwegs: Die von der Stadt Borken bekannt gegebenen Anliegerkosten müssen in der mit der Stadtverwaltung bereits vereinbarten Höhe entrichtet werden. Ein Ergebnis, mit dem nach der Bekanntgabe der Landesregierung so kaum jemand gerechnet hatte, denn ein Hinweis darauf, dass sich die Pläne der Landesregierung ausschließlich auf die Inhalte des Kommunalabgabengesetzes NRW (KAG) beziehen, sind in der Ankündigung von CDU und FDP nicht zu finden. Somit sind die Äußerungen der Koalitionspartner wohl eher als Stimmenfang für die bevorstehenden Landtagswahlen zu verstehen und weniger als entlastende Maßnahme für die nordrhein-westfälischen Bürgerinnen und Bürger. Viele Betroffene sehen sich einmal mehr von den handelnden Politikern getäuscht.

Keine Stellungnahme von der Landesregeirung

Eine Anfrage der Redaktion bei der Landesregierung blieb – wohl aus gutem Grund – bislang auch unbeantwortet. Zwischenzeitlich haben sich mehrere Bürgerinitiativen zu den von der Landesregierung angekündigten Plänen zu Wort gemeldet und die Erklärung als „Lippenbekenntnis“ bezeichnet. Es wird bezweifelt, dass die Abschaffung der Straßenbaubeiträge, so wie von der CDU und FDP gerade vor dem Landtag angekündigt, kurz vor der Landtagswahl ernst gemeint sei. Die Initiativen fordern bereits seit Jahren das Aus für die Erhebung von Straßenbaubeiträgen, durch die aufgrund der Beitragshöhe viele Eigentümer in finanzielle Schieflage gerieten.

§ 127 Baugesetzbuch
Erhebung des Erschließungsbeitrags


(1) Die Gemeinden erheben zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für Erschließungsanlagen einen Erschließungsbeitrag nach Maßgabe der folgenden Vorschriften. (2) Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind

1. die öffentlichen zum Anbau bestimmten Straßen, Wege und Plätze;
2. die öffentlichen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen mit Kraftfahrzeugen nicht befahrbaren Verkehrsanlagen innerhalb der Baugebiete (z. B. Fußwege, Wohnwege);
3. Sammelstraßen innerhalb der Baugebiete; Sammelstraßen sind öffentliche Straßen, Wege und Plätze, die selbst nicht zum Anbau bestimmt, aber zur Erschließung der Baugebiete notwendig sind;
4. Parkflächen und Grünanlagen mit Ausnahme von Kinderspielplätzen, soweit sie Bestandteil der in den Nummern 1 bis 3 genannten Verkehrsanlagen oder nach städtebaulichen Grundsätzen innerhalb der Baugebiete zu deren Erschließung notwendig sind;
5. Anlagen zum Schutz von Baugebieten gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, auch wenn sie nicht Bestandteil der Erschließungsanlagen sind.

(3) Der Erschließungsbeitrag kann für den Grunderwerb, die Freilegung und für Teile der Erschließungsanlag

(4) Das Recht, Abgaben für Anlagen zu erheben, die nicht Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind, bleibt unberührt. Dies gilt insbesondere für Anlagen zur Ableitung von Abwasser sowie zur Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser.

Kommunalabgabengesetz NRW

Das Kommunalabgabengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen trat 1969 – vor 50 Jahren – in Kraft und sieht vor, dass bei der Verbesserung von Straßen, Wege und Plätzen ein Beitrag der anliegenden Grundstückseigentümerinnen und –eigentümer (sowie der Erbbauberechtigten), die so genannten Straßenausbaubeiträge, erhoben werden soll. Der Straßenausbaubeitrag ist eine Abgabe, die gegenleistungsbezogen ist. Der Beitrag wird dabei nur für die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer Einrichtung oder einer Anlage erhoben.

Es hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass es im Zusammenhang mit der Veranlagung von Straßenausbaubeiträgen zu hohen und teilweise erheblichen finanziellen Belastungen kommen kann, die die Einzelne bzw. den Einzelnen auch überfordern können.

Quelle: Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung NRW

Hinweise zum Kommunalabgabengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (KAG) erhalten Sie <<hier>>

Transparenzhinweis: Der Beitragsautor ist Anlieger des Mühlenwegs in Burlo und somit von der Baumaßnahme Betroffener.