Mehrheitsbeschluss | Stadt Borken macht den Weg für Erweiterungspläne Anthura Arndt frei
Keine Hürden mehr für die Erweiterung der in Burlo ansässigen Orchideenzucht
BORKEN/BURLO | Am späten Mittwochnachmittag machte der Borkener Stadtrat per Mehrheitsbeschluss mit 10 Gegenstimmen den Weg für eine großflächige Erweiterung des in Burlo ansässigen Orchideen-Aufzuchtbetriebes Anthura Arndt GmbH frei. Dazu beschlossen die Mitglieder*innen der CDU-, UWG- und FDP-Fraktionen eine Teileinziehung des Burloer Wirtschaftsweges Mittbrake im Tausch gegen die Überlassung der Wegefläche Burdarper Heide, ohne die der Bau von weiteren Gewächshäusern auf einer zusätzlichen Fläche von rund 2,5 Hektar nicht möglich gewesen wäre. AfD, Vertreter*innen der SPD und dem Bündnis 90 Die Grünen stimmten dem Antrag nicht zu. Fred Kruisselbrink, Geschäftsführer des Unternehmens, hatte die Debatte als Zuhörer verfolgt.
Mit dieser Entscheidung setzte die Politik einen vorläufigen Schlussstrich unter den Antrag des Energie-Großverbrauchers, der seinen Hauptsitz im niederländischen Bleiswijk hat und neben dem Burloer Betrieb weitere Dependancen in China und Mazedonien unterhält. Nach eigenen Angaben beschäftigt das Unternehmen im Burloer Betrieb rund 180 Mitarbeiter, wobei viele von ihnen nur als Saisonkräfte beschäftigt werden. Die fest angestellten Mitarbeiter kommen aus dem gesamten Kreisgebiet Borken sowie aus den benachbarten Niederlanden (siehe BD-Beitrag vom 18.01.2022).
Im Rahmen eines mit dem WDR geführten Interviews sah Borkens Bürgermeisterin Mechtild Schulze Hessing bereits im Vorfeld der Ratssitzung die Notwendigkeit, dem energiehungrigen Unternehmen (dort werden pro Jahr etwa 80 Millionen Kilowattstunden Gas zur Beheizung der Produktionsfläche benötigt) für seine Erweiterungspläne keine Hürden in den Weg zu stellen: „Da es ein langjähriges Unternehmen in Borken ist mit einer Vielzahl von Arbeitsplätzen, ermöglichen wir grundsätzlich hier ansässigen Unternehmen in der Regel auch eine Erweiterung, soweit alle Rahmenbedingungen erfüllt sind“, so Schulze Hessing.
In der gleichen Berichterstattung des WDR kamen auch Maja Becker (Bündnis 90 Die Grünen) und Martin Frenk vom NABU Borken sowie Frank Richter (CDU) zu Wort. Für die Erweiterungspläne von Anthura Arndt zeigten Frenk und Becker keinerlei Verständnis. „Wenn einerseits die Bürgerinnen und Bürger aufgefordert werden, anstatt die Dusche doch eher den Waschlappen zu benutzen und die Heizung im Winter herunter zu regeln und andererseits einem Unternehmen, das die Energie von 3.000 bis 5.000 Einfamilienhäusern pro Jahr verbraucht, eine Erweiterung ermöglicht, dann ist das schon ein absurdes System“, so Frenk in seiner Stellungnahme. Er bezog sich damit auf die durch den Ukraine-Krieg ausgelöste Energie-Krise.
Die Grünen-Vorsitzende Becker hat, wie angekündigt, mit ihrer Fraktion den Plänen, den besagten Wirtschaftsweg Mittbrake einzuziehen und somit die Erweiterung der Gewächshausanlage zu ermöglichen, nicht zugestimmt. „Wir sind dagegen, weil die Produktion von derartigen Luxusgütern nicht mehr zeitgemäß ist“, hatte sich Becker gegenüber dem WDR geäußert. Auch die SPD-Fraktion stimmte gegen den Teileinzug der Mittbrake. Es gehe bei der Frage nicht nur um den Energie-, sondern auch um den erheblichen Wasser- und Stromverbrauch sowie um die weitere Flächenversiegelung. Dem Klimaschutz würde auf diesem Wege nicht Rechnung getragen, begründeten die SPD-Vertreter ihr Nein zu der Beschlussvorlage und schlossen sich damit der Argumentation der Grünen an.
Der CDU-Vertreter Richter hingegen sieht das offenbar ganz anders als die Mitglieder*innen der städtischen Oppositions-Fraktionen. „Verhinderungspolitik für diese Betriebserweiterung durch die Hintertür, indem man einem Wegetausch nicht zustimmt, ist nicht, was man als seriöser, politischer Vertreter mitbringen sollte und darf“, begründete er den Standpunkt der Borkener CDU gegenüber dem WDR und wiederholte diese Argumentation auch vor dem Rat der Stadt Borken.
Die vorhandene Orchideen-Aufzucht-Anlage nimmt bereits eine Fläche von rund 11 Hektar ein, die größtenteils mit Gewächshäusern überbaut ist. Ein Blockheizkraftwerk auf dem Betriebsgelände ermöglicht es dem Unternehmen, die ganzjährige und erforderliche Temperatur in den Gewächshäusern auf konstant 26 Grad zu halten. Mit der nun gefällten Entscheidung des Borkener Rates würde für den Fall, dass die Anthura Arndt GmbH an den Plänen der Erweiterung festhält, der Energiehunger nochmals um viele Megawattstunden pro Jahr ansteigen.
Vor dem Hintergrund der aktuellen Energiekrise, den damit von politischer Seite einhergehenden Aufforderungen an die Bevölkerung zum Sparen und zum Verzicht sowie einer drohenden, bevorstehenden Gasmangellage ist die Erweiterung der Anlage und somit der prognostizierte Gas-Mehrverbrauch den Bürgerinnen und Bürgern indes nur schwer vermittelbar. Auch, wenn die Entscheidung darüber auf demokratisch nicht zu beanstandendem Wege per Mehrheitsbeschuss im Anschluss einer lebhaften Debatte zustande gekommen ist.
Ob der Gewächshausbetrieb nun tatsächlich zeitnah seine Pläne in die Tat umsetzt, ist derzeit vor dem Hintergrund der weltweit schwierigen Absatzlage seiner Produkte eher unwahrscheinlich , auch darüber bestand Einigkeit unter den anwesenden Ratsmitgliedern. Insofern gibt es dann wohl für den zu erwartenden, stark ansteigenden Energieverbrauch und auch für die weitere Flächenversiegelung zunächst noch einmal einen zeitlichen Aufschub.