Carsharing – Mobilitäts-Experiment in Borken gestartet

Carsharing – Mobilitäts-Experiment in Borken  gestartet
Carsharing-Projekt in Borken gestartet - Alle Projektbeteiligten trafen sich zum Start an der neu installierten Ladesäule in der Christa-Wolf-Straße - Foto: mhs

Nachbarn teilen sich bereitgestellte E-Fahrzeuge

BORKEN | bd – mhs | Seinen Zweit- oder gar Drittwagen aufzugeben und auf alternative Mobilitätskonzepte zurückzugreifen, fällt deutschen Familien nach wie vor schwer. Dies zeigte auch das Carsharing-Projekt, das am Mittwochnachmittag offiziell im Wohnquartier an der Christa-Wolf-Straße in Borken startete. Initiiert wurde das innovative und mit entsprechenden Fördermitteln ausgestattete Projekt von der LEADER Region Bocholter Aa (BD berichtete) in Zusammenarbeit mit Vertretern der Bezirksregierung, der Stadt Borken, den Stadtwerken sowie der in Münster ansässigen Firma sharenow, die letztlich die nötigen Fahrzeuge bereitstellt.

Die durchaus sehr anspruchsvollen Rahmenbedingungen zu schaffen ist dabei eine Sache, eine ausreichende Anzahl Familien dazu zu bewegen, auf das eigene Zweitfahrzeug dauerhaft zu verzichten, um sich mit den Nachbarn ein Fahrzeug zu teilen und so dazu beizutragen, den CO2-Ausstoß deutlich zu verringern, eine andere. Dies bestätigte auch Projekt-Teilnehmer Martin Schlüter: „Als ich auf das Projekt aufmerksam wurde und mich an benachbarte Familien wandte, um Überzeugungsarbeit pro Carsharing zu leisten, zeigte sich, dass die Notwendigkeit, innovative Wege zu beschreiten, in den Köpfen noch nicht in ausreichendem Maße angekommen ist.“ Insofern haben sich aus dem teilnehmenden Wohnquartier Zinngießerstraße zunächst auch nur 4 Haushalte mit insgesamt 9 Fahrer und Fahrerinnen gefunden, die zukünftig auf das bereitgestellte E-Fahrzeug zurückgreifen werden. Insgesamt fünf Familien aus dem Quartier Christa-Wolf-Straße mit 10 Fahrern und Fahrerinnen teilen sich das zweite Fahrzeug, das an einer der neu installierten Ladesäulen darauf wartet, benutzt zu werden.

Die Projektkosten belaufen sich auf rund 280.000 Euro, wobei 182.000 Euro aus LEADER-Fördermitteln und 98.000 Euro aus den beteiligten Kommunen kommen.

Ob sich das Carsharing-Projekt nun in der Praxis als tauglich erweist und als Blaupause für ähnliche Projekte auch in den Ortsteilen benutzt werden kann, wird sich im veranschlagten Projekt-Zeitraum, der im Juni 2024 endet, erweisen.

Wer eines der neuen Fahrzeuge für den privaten Gebrauch nutzen möchte, muss zunächst über eine App die Verfügbarkeit für den Nutzungszeitraum überprüfen und kann danach das Fahrzeug buchen. Langfristig soll das Projekt vor allem dazu beitragen, die Fahrzeugdichte insgesamt zu verringern und somit einen Beitrag zum Erreichen der gesteckten Klimaziele zu leisten. Auch, dass über Projekte wie dieses „Nachbarschaftliche Carsharing“ mittelfristig ein Umdenken hinsichtlich der Individual-Mobilität in Gang gesetzt wird, ist eines der weiteren Projektziele und wünschenswert. Dies bestätigte auch der 1. Beigeordnete der Stadt Borken, Norbert Nießing, während der Zusammenkunft anlässlich des Projektstarts. „Das Thema ist gerade im ländlichen Raum von Bedeutung, in dem die Mobilitätsfrage allein durch den Einsatz des ÖPNV nicht lösbar ist. Hier kommt es in der Tat darauf an, durch Projekte wie dieses Mobilität neu zu denken.“

Im Kreis Borken sollen zeitnah noch weitere Carsharing-Projekte an den Start gehen. 2 Quartiere in Bocholt, 1 in Anholt, 2 Quartiere in Rhede sowie ebenfalls zwei Quartiere in Velen und Ramsdorf.

Rechnen lässt sich die Fahrzeugnutzung auf Basis des nachbarschaftlichen Teilens in jedem Fall, berichten LEADER Projektleiter Thomas Rudde und Linn Westermann. Die Abrechnung für die Nutzung erfolge monatlich auf Basis einer Kombination von Zeit- und Kilometertarif. „Jeder Teilnehmer zahlt monatlich einen Beitrag von 40 Euro, wobei dieser Betrag gleichzeitig Fahrguthaben ist“, erklärt Rudde und macht deutlich, dass die Beteiligten vom Projektträger noch zwanzig Euro Fahrtguthaben dazu erhalten. Diese vergleichsweise geringen Nutzungsgebühren waren auch für Teilnehmer Ludwig Schürholz entscheidend, auf seinen bis dato genutzten Zweitwagen zu verzichten. „Als Neu-Rentner habe ich sehr schnell festgestellt, dass ich mein privat genutztes Fahrzeug kaum noch bewege. Insofern bot sich die Teilnahme am Carsharing-Projekt für mich geradezu an“, erklärt er seine Motivation. Hinzu käme noch, dass sich die Teilnehmer weder um die Reinigung noch um andere Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten der eingesetzten Fahrzeuge kümmern müssten. Auch die Strom- und Versicherungsgebühren sind im Nutzungsbeitrag bereits inkludiert.


Mehr aktuelle Inhalte