Dreiste Gaunerkomödie oder alles nur ein Missverständnis? Ermittlungen gegen „falschen Arzt“ eingeleitet

Dreiste Gaunerkomödie oder alles nur ein Missverständnis? Ermittlungen gegen „falschen Arzt“ eingeleitet
Polizei ermittelt wegen Missbrauch von Titeln, Berufsbezeichnungen - Symbolbild
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24-Jähriger soll sich als „Doktor“ ausgegeben haben

BORKEN | bd | Die Geschichte klingt beinahe wie aus dem Hollywood-Streifen „Catch me if you can (Fang mich, wenn Du kannst)“ mit Leonardo di Caprio in der Hauptrolle. Während di Caprio als Betrüger Frank William Abagnale Junior mit geschickt manipulierten Bewerbungsschreiben in die Rolle eines Pan Am Copiloten schlüpfte und sich mit gefälschten Schecks nicht unerheblich bereicherte, steht nun der Verdacht im Raum, dass ein 24-jähriger Mann vorübergehend als „Doktor“ oder „falscher Arzt“ in einer Arztpraxis im Raum Borken tätig gewesen sein soll.

Sportverein brachte mit Pressemitteilung den Stein ins Rollen

Aufgeflogen ist der Sachverhalt nicht etwa durch eine Anzeige von unzufriedenen Patienten oder von seinem „Arbeitgeber“, sondern durch einen recht dummen Zufall und durch die Anzeigenerstattung bei der Polizei, die lt. Borkener Zeitung bereits am 06. März 2024 erfolgte und in der es heißen soll, dass Behandlungen vorgenommen worden seien, obwohl der Beschuldigte kein Arzt sei. Als der „Möchtegern-Doktor“ ganz nebenbei auch noch das medizinische Team eines in der Region ansässigen Sportvereins tatkräftig verstärken wollte und der betroffene Verein dieses Ansinnen guten Glaubens über die Medien und die vereinsinterne Internetseite verbreiten ließ, geriet der Stein Anstoßes immer schneller ins Rollen.

In seiner Vita hatte der vermeintliche „Doktor“ gegenüber des Sportvereins eine medizinische Ausbildung zum Besten gegeben, die sich tatsächlich wie aus dem Bilderbuch liest und die auch zunächst auf der Internetseite des Sportvereins veröffentlicht war (wurde zwischenzeitlich gelöscht). Spezialisierungen in der Kinder- und Jugendorthopädie gehörten demnach genauso zum beruflichen Lebenslauf wie eine notärztliche Zusatzausbildung – und all dies im noch recht jungen Lebensalter. Auch, dass er in seiner Freizeit gerne der Fliegerei, seinem angeblich größten Hobby, nachgeht, ließ er in der Beschreibung seines Lebenslaufes wohl deshalb nicht aus, um seine vorgespiegelten, „herausragenden Befähigungen“ zum Ausdruck zu bringen.

Eines hatte der 24-Jährige bei seinem Vorhaben offenbar dann doch nicht bedacht: dass er eventuell erkannt und letztlich als „falscher Arzt“ angezeigt werden könnte.

Polizei hat Ermittlungen aufgenommen

Dass die aufgeflogene Schwindelei (sofern es denn eine ist) nun höhere Wellen schlägt, als sich dies manch ein Involvierter zuvor wohl gedacht hatte, ist dem Umstand geschuldet, dass sich ein Hinweisgeber nicht nur an die Polizei, sondern am 14.03.2024 auch schriftlich an die hiesige Redaktion gewandt und den Sachverhalt bekannt gemacht hat.

Der Inhaber der betroffenen Arztpraxis teilte in einem Telefonat mit, dass der 24-Jährige lediglich als „studentische Hilfskraft“ bei ihm angestellt war. Allerdings habe man sich von ihm zwischenzeitlich durch fristlose Kündigung getrennt. Die Frage, warum der betreffende Arzt dann im Dezember 2023 via Facebook seinen „neuen Kollegen Dr. ….“ begrüßt habe, beantwortete der Praxisinhaber gegenüber der Borkener Zeitung damit, dass er den Doktortitel aus den Bewerbungsunterlagen entnommen habe. Zu Kompetenzüberschreitungen durch den nun unter Verdacht stehenden Mann sei es in der praktischen Arbeit nicht gekommen, heißt es weiter.

In den sozialen Medien sowie in einschlägigen Web-Suchmaschinen sind entgegen der nach Verharmlosung klingenden Darstellung des Arztes auch eine größere Anzahl Rezensionen zu finden, die ein ganz anderes Bild abgeben: die Rede ist davon, dass Patienten von dem 24-Jährigen „Arzt“ bzw. „Doktor“ offenbar Injektionen verabreicht, weitreichende Behandlungen vorgenommen und medizinische Diagnosen gestellt wurden.

Der betroffene Sportverein, der mit seiner Anfang Februar veröffentlichten Pressemitteilung den Stein letztlich ungewollt ins Rollen brachte, teilte auf Anfrage schriftlich mit, dass der 24-Jährige dann wohl doch nicht als Arzt auf der „offiziellen Mannschaftsmeldeliste“ stand und dass er auch keine Sportler/-innen/Vereinsmitglieder medizinisch behandelt habe. Weitere Erklärungen waren vom Management des Sportvereins bisher nicht zu erlangen, auch nicht zum Motiv, warum der Verein mit einer Pressemitteilung an die Öffentlichkeit gegangen ist, wenngleich es dazu offenbar keine Veranlassung gab, wie nun beteuert wird.

Insofern gibt es für die Ermittler der Polizei, deren Arbeit gerade erst begonnen hat, nun wohl noch einiges zu tun. Und ohne dem Ergebnis der polizeilichen Ermittlungen vorzugreifen: Für den Fall, dass sich die Verdachtsmomente erhärten und der 24-Jährige Behandlungen an Patienten vorgenommen hat, ohne über die entsprechende Ausbildung zu verfügen und die nur von einem aprobierten Arzt vorgenommen werden dürfen, wird der Vorwurf des so genannten „Amtsmissbrauchs“ (§132a StGB) das kleinere seiner Probleme sein. Oder war alles tatsächlich nur ein Missverständnis, wie es nun einige der befragten Personen darstellen? Es wird in jedem Fall zu gegebener Zeit nachberichtet.

Hinweis der Redaktion: Die Personendaten der Beteiligten sowie abgegebene Hinweise und schriftliche Statements liegen der Redaktion vor.


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