Wo sind meine Beruhigungspillen? Nachdenkliches zum Wochenausklang

Wo sind meine Beruhigungspillen? Nachdenkliches zum Wochenausklang
Nachrichtenwoche
Folgen auf: Facebook Instagram

Einblick in die Welt der Nachrichten

Ein Beitrag von Michael H. Schmitt | Jetzt mal ganz ehrlich – war das nicht wieder eine unglaubliche Nachrichten-Woche? Ich kam mit dem Schreiben ja fast gar nicht mehr hinterher. Schon am Montag überschlugen sich die Ereignisse derart, dass ich fast vergaß, meine Beruhigungspillen zur Mittagszeit einzunehmen.

Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll – aber ich versuch’s einfach mal mit der bemerkenswertesten Nachricht, die die gesamte westliche Welt geradezu in Staunen versetzte: Wladimir Putin hat es tatsächlich trotz aller Zweifel noch einmal geschafft, als Präsident wiedergewählt zu werden. Wer hätte das gedacht? 87 Prozent der an die Wahlurne gezwungenen Wähler haben tatsächlich die Stimme ihrem derzeitigen Lieblings-Diktator gegeben. Die verbleibenden 13 Prozent, die ihm trotz eindringlicher Bitten der extra vor den Wahllokalen abgestellten „Gesandten“ die Stimme verwehrt haben, sollen dem Vernehmen nach bereits auf dem Weg in den Gulag sein.

Kaum waren die Kanäle über diesen überraschenden Wahlausgang verstummt, folgte auch schon der Auftritt unseres Doppel-Wumms-Bundeskanzlers. Hat er doch nach wochenlangem Schweigen tatsächlich ein Machtwort zum Thema „Taurus“ gesprochen und alle anders denkenden Menschen – also die, die nicht seiner Meinung sind – deutlich in die Schranken verwiesen. In seinem emotionalen Ausbruch war der Mann ja fast nicht wiederzuerkennen. Und wie grimmig er da am Rednerpult dreingeschaut hat.

Das Rednermikrophon war immer noch feucht von dem ausgespienen Wutschaum des Kanzlers, da trat auch schon sein Vertreter ans Pult, um uns, dem Volk, zu erklären, dass wir uns wirtschaftlich gerade in einer Talsohle befänden. Wir könnten uns aber dennoch darüber freuen, dass wir beim CO2-Ausstoß gut in der Spur fahren. Weniger erfreulich war dann der anschließende Aufruf des gelernten Kinderbuchautors und amtierenden WIrtschaftsministers, dass wir uns wohl mal besser auf einen „Landkrieg“ vorbereiten sollten. Zu diesem Zeitpunkt habe ich eigentlich nur noch darauf gewartet, dass Hofreiter oder Agnes Strack-Zimmermann hinterm Rednerpult hervorgekrochen kommen und uns im Anschluss an die Habeck-Rede die Funktionsweise einer Panzerfaust erklären.

Dass dann nur wenig später der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Rolf Mützenich, im Bundestag die Überlegung anstellte, ob es nicht an der Zeit sei, den Krieg in der Ukraine einzufrieren und Verhandlungen mit dem russischen Diktator aufzunehmen, brachte das politische Fass dann für diese Woche endgültig zum Überlaufen. Als hätte Putin der Rede zugehört, setzt dieser schnell noch einmal ein Zeichen und überzieht die Menschen in der Ukraine mit einem bisher kaum dagewesenen Raketenhagel, dem wieder einmal viele Unschuldige zum Opfer fallen.

Erfreuliches gab es aber auch noch: Der Söder Markus zum Beispiel setzt sich mit der Nachricht eines Genderverbots im Freistaat nicht nur durch, sondern auch einmal mehr in Szene. Da kann der Merz noch eine ganze Menge von lernen. Und der US-Supermann Donald Trump ist pleite, kann den Betrag von rund 300 Mio. US-Dollar gerade nicht aufbringen. Herrlich, diese schrillen Neuigkeiten, die Tag für Tag mein Mailpostfach füllen.

Kein Wunder also, dass bei dieser Nachrichtenvielfalt der Sport etwas ins Hintertreffen gerät. Doch auch dort gab es einige bemerkenswerte Neuigkeiten: Das pinkfarbene Trikot für die Fußballnationalmannschaft spaltet gerade die Fußball-Nation und die Tatsache, dass die Firma Adidas als DFB-Ausstatter der Firma Nike weichen muss, kommt da schon fast als Belanglosigkeit daher. Zeitgleich nimmt der französische Staatspräsident Emmanuel Macron an einem Boxsack-Shooting teil (mal nicht mit Schlips und Kragen, sondern im Sporttrikot) und sichert sich den ersten Platz dieses hoch dotierten Foto-Fake-Wettbewerbs. Es heißt, er habe persönlich Photoshop-Anweisungen gegeben, wie dick seine Bizepsmuskulatur auf den Fotos vor einer Veröffentlichung aufgeblasen werden muss. Wie ich diese grandiose Nachrichtenwelt schätze.

Nur eines geht mir mittlerweile wirklich auf die Nerven: Gesundheitsminister Lauterbach hatte es vor Wochen bereits versprochen und bisher nicht eingehalten. Die Rede ist von der Cannabis-Legalisierung. Das wäre das einzig probate Mittel, das mich bei dieser Nachrichtenlage von der Einnahme meiner Beruhigungspillen abhalten könnte. Aber allzu lang kann es mit der Freigabe ja nun nicht mehr dauern, die der Merz im Übrigen nach seiner Wahl zum Kanzler sofort rückgängig machen will. In diesem Sinne wünsche ich allen ein schönes Wochenende.


Mehr aktuelle Inhalte